Reinkarnationserinnerung: Banshees – Die Todesfeen
Wir waren Rebellen und hatten es bis in die Stadt geschafft und planten, die Soldaten aufzumischen und das Hauptquartier aufzufinden.
Sie hatten überall Stacheldraht gezogen und Sandsäcke aufgetürmt. Manche der Häuser waren bereits zerstört und wir schlichen uns von Häuserecke zu Häuserecke, um nicht aufzufallen. Die Soldaten waren in der Überzahl, während wir nur zu Dritt waren, um unsere Aufgabe zu erfüllen. Eine Konfrontation konnten wir uns nicht leisten. Sie hätten uns sicherlich schnell erwischt.
Mittlerweile hatten wir es geschafft, bis an das Hauptquartier heranzukommen. Ich lugte um eine Ecke und erblickte an die hundert Soldaten, wie sie sich formal aufgestellt hatten. Sie trugen hellbraune Uniformen und alte Gewehre mit aufgepflanzten Bajonetten.
“Wir könnten versuchen, von hinten einzusteigen. Wenn uns das gelingt, könnten wir den Vorgesetzten ausschalten und die geheimen Papiere entwenden.”
Meine beiden Kameraden nickten und als wir dachten, es wäre ein geeigneter Moment, rannten wir los.
“Halt! Stehenbleiben!”, rief plötzlich jemand.
Einer der Soldaten hatte sich wahrscheinlich irgendwo auf die Lauer gelegt und uns entdeckt. Die anderen Soldaten wurden nun auf uns aufmerksam und mehrere von ihnen kamen in unsere Richtung gerannt!
“Hier! Hier sind sie!”
“Wir sind geliefert!”, sagte einer meiner Kameraden und lief panikartig in irgendeine Richtung. Der andere folgte ihm.
Dann hörte ich die ersten Schüsse. Ich lief zurück und bog in eine etwas kleinere Straße ein und hoffte, dass sie vorbeilaufen würden. Doch falsch gedacht! Diese Straße war voller Stacheldraht und nahezu ein Labyrinth, um nicht mehr entfliehen zu können, wenn man es einmal betreten hatte. Fast wie eine Falle, war das System aufgebaut.
Ich lief immer tiefer in das Stacheldrahtlabyrinth hinein und landete auf einem Platz. Ich spielte mit dem Gedanken, meine Jacke auszuziehen, um so den Stacheldraht zu überwinden, in dem ich sie auf den Draht legte und drüberkletterte. Dann hörte ich wieder Rufe. Sie kamen um eine Häuserecke gelaufen und ich gelangte in deren Blickfeld.
Plötzlich dachte ich, meinen Augen nicht trauen zu können! Ich sah drei Frauen, die aus dem Nichts aufgetaucht waren und an mir vorbeischwebten. Ja, sie schwebten und ihre Füße berührten nicht den Boden. Sie trugen lange, schwarze Kleider, die bis zum Boden reichten. Als sie gerade an mir vorbeischwebten, berührte mich eine von ihnen zufällig. Als es zu der Berührung kam, drehte sie ihren Kopf in meine Richtung und lächelte.
“Ich… ich weiß, wer ihr seid!”, sagte ich ehrfurchtvoll. “Ihr seid Banshees!”
Sie lächelte mich an: “Ja, so könnte man uns auch nennen. Das ist richtig!”
Und schon schwebten sie lautlos weiter.
Ich war völlig erstaunt, dass ihnen der ganze Stacheldraht nichts auszumachen schien, mehr noch, sie schwebten durch ihn hindurch, als sei er gar nicht vorhanden.
Unfassbar, dachte ich. Wie konnte es möglich sein, dass sie einfach durch den Stacheldraht schweben konnten mit diesen langen Kleidern, ohne hängen zu bleiben?
Plötzlich kam mir eine verrückte Idee! Ich war mit einem Mal davon überzeugt, dass ich das auch konnte! Die Banshees hatten mich berührt und vielleicht war ich jetzt ebenfalls in der Lage, einfach durch den Stacheldraht zu gehen, ohne, dass er mir noch was anhaben konnte. Also schritt ich durch den Stacheldraht und mir passierte tatsächlich nichts. So folgte ich den Banshees…
Als ich erwachte, empfand ich es als einen schönen Traum, denn das Ende war sehr erleichternd gewesen. Auch war der Anblick der Banshees, was man mit Todesfeen übersetzen könnte, sehr beeindruckend und irgendwie schön gewesen.
Das erste Mal las ich als Kind von den Todesfeen. Sie sind eine Legende aus dem Norden, ich glaube ursprünglich aus Irland. Dort ist eine Todesfee eine Todesbotin, die, wenn sie auftaucht, den Tod eines Menschen in der Nähe ankündigt. Somit stellt eine Todesfee eigentlich einen ungern gesehenen Gast dar.
Nur langsam dämmerte mir, dass ich plötzlich deshalb die Todesfeen wahrnehmen und selbst durch Stacheldraht laufen konnte, weil mich einer der Soldaten vermutlich schon lange vorher mit einer Kugel erwischt hatte. Mir war die tödliche Kugel wohl überhaupt nicht aufgefallen und ich war einfach weiter gerannt.
8 Comments
Sarah
Hallo Jonathan, das ist interessant was du schreibst! Ich hatte früher einmal auch geträumt, das zwei bewaffnete Männer durchs Fenster in mein Zimmer kamen, und auf mich geschossen haben. Jeder einmal. Alles ging so schnell, das ich keine Möglichkeit hatte, wegzulaufen. Ich habe die zwei Kugel aber – würde ich sagen – sehr realistisch erlebt, da ich einen kurzen, aber ziemlich grossen Schmerz im Kopf empfunden hatte. Danach ging das Leben in dem Traum eben ganz normal weiter. Ich kam aber in andere Räume und begegnete andere Menschen – vielleicht meine Lehrer und vielleicht auch andere Verstorbene. Ich denke sie haben versucht mir zu vermitteln, das ich in ein Raum getreten habe, in dem ich nicht mehr die Aufgaben erfüllen kann, die ich auf der Erde hatte. Ich fühlte mich dann wie gefangen und konnte mich nicht so weiter entwickeln, wie ich mir es auf der Erde gewünscht hätte. Nach dem Aufwachen war ich sehr beindruckt von dem was ich erlebt hatte, da ich es als total real alles empfunden habe. Ich dachte mir, der Tod, egal von wo er kommt, hat wahrscheinlich mit dem inneren Zustand zu tun, und mit den eigenen Gedanken. Vielleicht kommt der Tod in die Nähe, wenn die Wille zu schwach wird, an dem zu arbeiten, was man als Aufgabe hat. Wenn man aufgeben will. Es hat mich auf jedenfall bewegt zu denken, hey, egal wie die Aufgabe gerade auch schwierig sein mag, du hast eine Chance hier auf der Erde! Diese hast du dann nach dem Tod nicht mehr. Du hast eine Aufgabe, vergiss es nicht! Und mach keine halben Sachen.
Und ausserdem war ich auch sehr beeindruckt davon, das ich erlebt habe, wie es dann eben ist, wenn man auf diese Art und Weise stirbt. Das kann man normalerweise auch in einem Film eher seltener erleben :-)
Und so hatte ich dann wieder mehr Begeisterung für die Alltagskämpfe! :-) LG Sarah
Sarah
PS Heutzutage fällt mir dazu noch was anderes ein: Obwohl das es tatsächlich in meinem Leben Männer gab, die mich am liebsten töten würden – so kam es mir auf jedenfall vor – gibt es da eben diese symbolische Ebene… Die Männer (oder das Leben?)wollten mir wahrscheinlich nur helfen, andere Räume wahrzunehmen. Also waren es auch keine böse Männer, wie es aussah. Und heute haben wir ja die Möglichkeit, in den “Todes-Räumen” wieder zu erwachen und sich gar entwickeln! So kann die Berührung der schwarzen Fee zur Brücke oder Gnade werden…
Jonathan
Hallo Sarah,
danke für Deine Offenheit. Du hast auf jeden Fall Recht, wenn Du sagst, dass man einen Menschen, den man über alles hasst, eine persönliche Herausforderung darstellt und dazu da ist, damit man neue Räume und Möglichkeiten wahrnimmt. Da gibt es einen Film mit dem Namen “Bluesberry”, der diese Problematik sehr gut veranschaulicht. Sehr zu empfehlen. Und die von mir wahrgenommenen Todesfeen waren keine Bedrohung oder dergleichen, sie waren für mich ein Segen. Doch offensichtlich hatte ich in dem Augenblick nicht verstanden, dass ich all diese Dinge nur wahrnehmen und selbst machen konnte, weil ich bereits tot war. Eigentlich ein schöner Tod.
Liebe Grüße, Jonathan
Sarah
Hallo Jonathan, denkst Du also es war bei Dir wie eine Reinkarnations-Erinnerung? Oder bist du eher in eine andere Person “hineingeschlüpft”? Oder noch etwas anderes? In meinem Traum habe ich es damals erlebt mehr wie eine Mögliche Entwicklung, also wie eine Warnung für die Zukunft, ein Einblick wie der Tod aussehen könnte, wenn er kommen würde – fals ich mein denken nicht ändern werde. Es war damals.
Ich denke heute ist es immer mehr möglich, Dinge wahrzunehmen auch im Leben, die sonst nur ein Verstorbener wahrnehmen kann.
Deine Todesfeen habe ich schon so wahrgenommen, wie Du schreibst, mit gewisse Leichtigkeit und Grazie :-) . Ich denke auch das der Tod genau so schön sein kann, wie Du es beschreibst. Liebe Grüsse Sarah
Jonathan
Hallo Sarah,
richtig, Deine Angaben, dass sie eine gewisse Leichtigkeit und Grazie haben, das habe ich auch so empfunden. Sie hatten etwas Edles. In der Legende werden sie meistens als alte Frau dargestellt, selten als jung und schön.
Es kann sehr gut eine Reinkarnationserinnerung gewesen sein. Ich glaube, im ersten Weltkrieg hat man Bajonette benutzt.
Liebe Grüße, Jonathan
Sarah
Ich dachte man kann sich normalerweise nicht so schnell wieder inkarnieren, also zweimal in einem Jahrhundert, nur ausnamsweise. Ich habe mich bis jetzt nicht getraut, ganz konkret an eine vergangene Inkarnation von mir zu denken, trotzdem das ich immer wieder Bilder erlebe, die ich als sehr verwandt oder bekannt empfinde. Ich werde aber immer neugieriger – auch auf die Anderen – das ist ein gutes Zeichen, weil solange ich noch Angst habe, möchte ich mich bewusst damit auch nicht beschäftigen. Es gibt auch Menschen, wo ich deutlich das Gefühl habe, das wir mehr zusammen erlebt haben, als in diesem Leben. So kommt mir z.b. der Bruder Johannes – ich hoffe ich hab es richtig in Erinnerung? – Seelenverwandt, also wie ein Mönch mit einer Nonne :-) – die allerdings nicht ganz freiwillig im Kloster eingeschlossen ist und eher die Flucht sucht, aus früheren Zeiten. Es kann aber wie eine Spiegelung sein bis in die heutige Zeit. Wer weiss…Es ist wie mit der Poesie. Es bleibt immer ein Geheimniss da. LG Sarah
Jonathan
Hallo Sarah,
ich habe mich das auch schon öfter gefragt, wie oft man sich denn inkarnieren kann. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es partielle Inkarnationen gibt, d.h. dass man nur bestimmte Erlebnissequenzen aus dem Leben eines anderen miterleben kann. Auf der anderen Seite kann ich mir auch in Anlehnung an all die alternativen Realitäten vorstellen, dass ein Leben mehrere Ableger hat, sozusagen mit alternativen Lebenslinien.
Liebe Grüße, Jonathan
Sarah
Lieber Jonathan, das ist sehr interessant, was Du schreibst. Ich stelle mir vor, das z.B. mein Bruder, der vor mehr als 10 Jahren gestorben ist, und noch ziemlich jung war, dann die ungelebte Lebenskraft zur Verfügung gestellt hat und so sich ein Teil von seinem Wesen nochmals inkarnieren konnte. Ich habe ihn ganz real und immer wieder gespürt, wie er mich mit seinem reinen Wesen auf diese Art und Weise beschenkt. Wie weit ich auch mit seinem “Schatten” zu tun habe, kann ich nicht beurteilen, werde mir darüber noch Gedanken machen. So stelle ich mir etwa die partielle Inkarnation vor. LG Sarah