Retrieving: Der Geist auf dem Klo
Viele Menschen träumen von Schulgebäuden. Manche erhaschen vielleicht eine Atmosphäre, die an die Ausbildungsstätte von Harry Potter erinnern mag, aber in den meisten Fällen jedoch fühlt man sich an seine damalige Schulzeit erinnert.
Retrieving bedeutet so viel wie “Rettungsaktion”. Dabei kann man in seinem Astralkörper in die Zwischenzone oder untere Astralebene gehen und verlorengegangene Menschen retten, die sich dort aufhalten und sich ihres Zustandes nicht bewusst sind. Solche Reisen werden in der Regel nur mit einem Mentor unternommen; also mit jemanden, der sich damit auskennt.
Gestern Nacht träumte ich, dass ich mich in einem Schulgebäude befand. Während ich in dem Gebäude herumlief und einige Stockwerke nach oben lief, sah ich plötzlich eine Freundin direkt ein Stockwerk unter mir. Ich konnte von meiner Position aus gerade gut auf das untere Stockwerk blicken. Sie machte einen wichtigen Eindruck, wie sie inspizierend dort entlanglief. Also lief ich wieder eine Etage tiefer und begrüßte sie.
“Was machst du denn hier?” fragte ich sie.
“Ich arbeite hier in der Schule und habe den Auftrag, alles genau zu überprüfen, ob auch alles okay ist.”
“Du kontrollierst, ob keiner Mist gebaut hat oder wie?”
“Ja, aber auch habe ich alles sauber zu halten”, fügte sie stolz hinzu. “Diese Position wurde mir erst letztens hinzugegeben.”
Ich beschloss, sie auf ihrem Kontrollgang zu begleiten. Die Schüler waren schon lange gegangen und die Flure mittlerweile dunkel. Plötzlich stieß sie mich an und wies auf eine Tür, die sich gerade von selbst ein Stück geöffnet hatte.
“Schau mal! Die Tür ist gerade von allein aufgegangen. Das muss ich kontrollieren!”
Ich nickte und wir näherten uns der Tür. Irgendwie nahm die ganze Situation einen bedrohlichen Charakter ein. Wir fühlten nun beide deutlich, dass hier etwas nicht stimmte. Sie hakte sich direkt bei mir unter, als wir vor der Tür standen und vorsichtig um die Ecke lugten.
“Da sind die Toiletten drin”, erklärte sie leise. Ihr Flüstern erinnerte mich an nächtliche Gespräche in den Betten besuchter Jugendherbergen, wenn einen die Lehrer nicht hören sollten.
Wir öffneten die Tür noch weiter und gingen langsam hinein. Das Gefühl einer Bedrohung wuchs immer mehr und ich spürte ihren klammernden Griff an meinem Oberarm.
Auf der rechten Seite waren mehrere Toilettenkabinen, so wie man es auch von Kaufhäusern her kennt. Eine der Türen bewegte sich nun und ich sah eine Hand, die sie aufdrückte. Die Hand wirkte sehr befremdlich. Sie war knöchern und besaß einen bläulichen Schimmer. Die Fingernägel wirkten gelblich.
“Das ist… das ist ein Geist!” stotterte die Freundin kreidebleich.
Wir waren wie gebannt, als nun eine Frau aus der Kabine trat, die ein wenig transparent wirkte, da wir durch sie hindurchschauen konnten, aber sie war solide genug, um als völlig real zu erscheinen. Für einen Moment standen uns die Haare sprichwörtlich zu Berge.
Die Frau war sehr groß und hager. Sie trug schwarzgraues, langes Haar und ihr Gesicht war vorwiegend der Auslöser für den Schockmoment. So, wie ihre Hand, besaß auch ihr Gesicht eine bläuliche Färbung und war sehr knöchern, als hätte sie seit Jahren nichts mehr gegessen oder sei energetisch völlig ausgesaugt worden. Sie schien geradewegs einem Horrorfilm entsprungen zu sein. Die Wangenknochen traten weit hervor und sie wirkte, als besäße sie nur noch eine lederne Hautschicht, die über ihren Schädel gezogen worden war. Ihre Augen waren schwarz und sie erhob sich drohend über uns, als sie in unsere Richtung blickte. Ihre Ausstrahlung war dermaßen imposant, dass wir erst einmal beschlossen, uns zurückzuziehen und zu beraten, was als nächstes getan werden sollte und verließen das unheimliche Klo.
Dann erwachte ich. Die Gestalt war wirklich furchteinflößend gewesen. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es sich hier um eine Verstorbene gehandelt haben mag, die sich dort in der Schule seit Ewigkeiten aufhielt und in der Nacht oder am Abend spukte. Vielleicht war sie einst dort in der Schule oder gar auf dem Klo gestorben.
4 Comments
refu
Ein weiterer Grund, warum ich nie auf dme Klo sterben möchte.
Elena Digaris
ich auch nicht. als schreckgespenst. was wäre wenn es eine herointote war? oder ein dämon?
Nicole
Ja, Deine Geschichte lässt tatsächlich an die maulende Myrthe erinnern. Du wirst sie sicher erlösen aus ihrer “Kammer des Schreckens”?!
jona
Das ist wirklich eine Kammer des Schreckens. ;-)