Traumnacht: Spuk im Zug
Ich bin ja eher der Mensch, der den Zug vielen anderen Verkehrsmitteln vorzieht. Vermutlich ein Überbleibsel aus meinem Leben als ein Graf in England zur Jahrhundertwende. So auch in diesem Traum war ich mal wieder mit dem Zug unterwegs, jedoch im 21. Jahrhundert, also in unserer Gegenwart. Gerade noch erwischte ich im letzten Moment einen Anschlusszug, der mich nach Hause bringen sollte. Im Zug suchte ich nach einem ruhigen Abteil, aber mir kamen schon ein paar Leute mit angstverzerrten Gesichtern entgegen.
„Ein Geist! Ein Geist!“ rief jemand.
Ich ging weiter, aber in die entgegengesetzte Richtung der fliehenden Leute. Im Großraumabteil traf ich dann auf jemanden, der mir kurz erklärte, dass dieser Geist hier schon öfter gesehen wurde. Ich suchte angestrengt das Abteil ab, bis ich tatsächlich eine schemenhafte Gestalt sah. Sie machte auf mich den Eindruck als wäre sie irgendwie getarnt oder als wäre sie völlig verspiegelt und reflektierte ihre Umgebung, doch es war etwas, das man für gewöhnlich als einen Geist bezeichnen würde.
Ich erklärte dem Mann, dass ich versuchen würde mit dem Geist zu sprechen. Er konnte sich das überhaupt nicht vorstellen, das so etwas gehen könne und schüttelte ungläubig den Kopf. Ich hingegen ging zu dem Geist hin und sagte, dass ich gern in einem ruhigen Abteil mit ihm reden würde. Dann drehte ich mich um und ging in ein Abteil.
Kurze Zeit später kam der Geist herein. Er war nur sehr schwach zu erkennen. Manchmal verschwand er sogar ganz und man konnte nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob er denn noch anwesend oder bereits gegangen war. Ich konnte mich meistens nur auf meine Intuition verlassen. Nun befand er sich halb in der Luft schwebend über dem mittleren Sitz gegenüber von mir. Einige Leute standen in der Abteiltür und waren neugierig. Ich fragte ihn, ob er denn eigentlich wüsste, dass er bereits tot ist?
Er schien zu vibrieren und für einen kurzen Augenblick sah ich ein schemenhaftes Gesicht und ein Lächeln auf seinen Lippen. Es schien eine Frau zu sein. Ich wiederholte meine Aussage und dann spürte ich eine unglaubliche Ausstrahlung an Emotionen von dieser verstorbenen Frau ausgehen und sie gingen auf mich über. Sie riss mich emotional völlig mit. Tränen liefen mir über die Wangen und ich empfand eine starke Trauer durch mich hindurchfließen.
Ich erklärte ihr, dass ihr nun alle Wege offen stünden und sie sich nicht mehr in diesem Zug aufhalten müsse, dass sie ihre Freunde und Verwandten wiedersehen könnte, usw. Langsam verwandelte sich die Trauer in eine erlösende Freude und während wir im Einklang der Gefühle dahinheulten, erwachte ich langsam in meinem Bett und spürte plötzlich die Anwesenheit dieser Frau in meinem Schlafzimmer. Sie stand neben meinem Bett und als ich meine physischen Augen öffnete, sah ich sie noch kurz, bis sie dann verschwand.
Ich war mit einem schönen Gefühl erwacht, so, als gäbe es nichts, das einen wirklich belasten könnte.