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Black Mirror – Bandersnatch – Filmkritik

filmkritiken - film reviews

Black Mirror ist eine gelungene Serie, die man vorwiegend auf Netflix sehen kann. Nun haben die Produzenten in der Weihnachtszeit den Film “Bandersnatch” in der Black Mirror-Reihe als eigenständigen Film veröffentlicht.

Das Besondere daran ist, dies ist ein interaktiver Film, in dem der Zuschauer die Entscheidungen des Hauptdarstellers beeinflussen kann. Während des Films wird man also gefragt, zwischen welchen zwei Optionen sich der Protagonist entscheiden soll…

Der Film handelt von Stefan, der in den 80er Jahren lebt und ein begeisterter Fan des Kult-Computers von Commodore C64 und dem ZX Spectrum ist. Sein Traum ist es, irgendwann einmal selbst Spiele für eine große Spielefirma wie beispielsweise Tuckersoft programmieren zu dürfen. Sein Vorbild ist Colin, der bislang ziemlich geniale Spiele programmiert hat.

Eines Tages gelingt es ihm, in der Firma vorzusprechen, in der auch Colin arbeitet, und wird angenommen. Dort lernen sich die beiden kennen und als Stefan bei seiner eigenen Spielprogrammierung in ein Kreativitätsloch fällt, bittet er Colin um Hilfe. Dieser entschließt sich dazu, Stefans Bewusstsein mit LSD zu erweitern.

An diesem Punkt beginnt der Film eine psychedelische Wende zu nehmen und während die folgenden Handlungen nur schwer von Traum und Realität zu unterscheiden sind, erklärt Colin, dass es keine Träume gäbe, sondern nur alternative Realitäten, die in die Illusion von Zeit mit Ursache und Wirkung eingebettet wären. Er schildert, dass alles nur Realitäten seien, die in einer beliebigen Folge ablaufen und vom Selbst ausgewählt werden könnten.

Doch hier hört der Film nicht auf, sondern, indem sich der Zuschauer in den Handlungsablauf einmischen kann, beginnt erst einmal und es stellt sich durch den Verlauf der Geschichte die philosophische Frage, inwiefern sich ein Mensch tatsächlich eines freien Willens bedienen kann. Ist alles tatsächlich durch den freien Willen steuerbar oder wird man von einer äußeren Kraft gelenkt und beeinflusst? Der ewige Streit um Fatalismus, Determinismus und Selbstbestimmung (aufgrund der Existenz alternativer Realitäten).

Die kürzeste Spieldauer dieses Films beträgt ca. 90 Minuten, doch aufgrund der unterschiedlichen Möglichkeiten hat man es überraschenderweise mit maximal 312 Minuten zu tun. Manche Auswahlmöglichkeiten führen in Spielschleifen hinein, andere führen weiter. So kann es aber auch durchaus passieren, dass man sich einige Szenen mehrmals anzusehen hat, doch besteht immer die Option, zu einer vorherigen Entscheidung zurückzukehren.

Besonders spannend wird es in dem Moment, als der Protagonist plötzlich erkennt, dass er von einer unsichtbaren Macht gesteuert wird, hinterfragt seinen freien Willen und beginnt paranoid zu werden. Diese unsichtbare Macht ist natürlich der Zuschauer selbst, mit seiner Möglichkeit, in den Filmverlauf einzugreifen. Auf diese Weise gewinnt die Interaktivität innerhalb des Filmes eine ganz neue Dimension, nicht nur auf philosophischer Metaebene, sondern auch auf die Entstehung eines neuen Filmgenres.

Ebenso sind mehrere verborgene spirituelle und philosophische Querverbindungen sowie ein Easter-Egg enthalten. Beispielsweise ist der Filmtitel “Bandersnatch” bezugnehmend auf das Spiel, an dem Stefan so verzweifelt programmiert. Seine Schwierigkeiten entstehen aufgrund der vielen Möglichkeiten, die es in dem gleichnamigen Buch nachzulesen gibt. Dies als Spiel umzuprogrammieren, stellt sich daher als sehr schwierig heraus.

Somit wird eine Parallele zu den Auswahlmöglichkeiten des Zuschauers geschaffen, in dem dieser erkennen darf, dass es viele alternative Möglichkeiten gibt. Außerdem existieren auch mehrere Schlussszenen des Films und in einer von diesen ist sogar ein Easter-Egg verborgen. Dieses findet man in der Filmsequenz, in welcher Stefan einer Kassette lauscht, die seltsame Töne von sich gibt. Wenn man diese Töne aufnimmt und in einen ZX-Spectrum-Simulator eingibt, entsteht ein QR-Code, der wiederum zu einem Link der Spieleherstellerseite von Tuckersoft führt und gleichzeitig den freien Download des Spieles Nohzdyve aus dem Film anbietet.

Ein weiterer höchst spiritueller Hinweis ist die Sequenz, in der er seiner Therapeutin gegenüber sitzt und von seiner “Paranoia” berichtet. In einer Auswahlmöglichkeit kann man Stefan dazu inspirieren, aus dem Fenster zu springen. Dabei landet er plötzlich auf einen Filmset, in dem Stefan völlig irritiert um sich blickt und die Welt nicht mehr versteht. Die Regisseurin spricht ihn mit dem Namen Mike an, aber er glaubt immer noch, dass er Stefan sei.

Auf dem Filmset glaubt man nun, dass sich Stefan zu stark mit der Filmrolle identifiziert habe und deshalb so verwirrt erscheine. Genau dies ist einer der Momente, der in spiritueller Hinsicht aufzeigt, dass der Mensch sich in einem Spiel bzw. in einem Schauspiel befindet, in dem er einfach vergaß, dass er nur eine Rolle spielt.

Zudem sei noch erwähnt, dass sich während des Filmes nicht nur für den Protagonisten die Frage stellt, ob er einen freien Willen besitzt, sondern auch für den Zuschauer. Denn bestimmte Entscheidungen, die man für Stefan trifft, entpuppen sich eher als Impulse, denen er sich zur Wehr setzen kann, außerdem führen manche Entscheidungen zu denselben Ergebnissen. Somit stellt der Film “Bandersnatch” wirklich einen gelungen interaktiven Film dar, den man auf keinen Fall verpassen sollte!

Hier gibt es noch Hinweise zu “Bandersnatch” in Verbindung mit C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien, dem Erschaffer von “Herr der Ringe” sowie zu Lewis Carrol, dem Autoren von “Alice im Wunderland“. Und hier findet man “Black Mirror” auch auf DVD.

Fazit: 9 von 10 Sternen – Hochkreativ, spirituell und philosophisch

Regisseur: David Slade
Drehbuch: Charlie Brooker
Mit: Fionn Whitehead und Will Poulter
Land: England, 90-312 min.
Genre: Interaktiver Retro-Psychothriller
FSK: ab 16 Jahre
Ähnliche Filme: Ready Player One
Trailer: Youtube


Weiterführende Links:
Matrixblogger – Freier Wille (1)
Matrixblogger – Freier Wille (2)

 

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