traumnacht luzides träumen

Traumnacht: Oxana

Nachdem ich auf der anderen Seite der Mauer angekommen war (s. Teil 1: “Grüße vom Astral-Tramper”), hoffte ich, dass diese Handlung den Astral-Tramper endgültig abgeschüttelt hatte. Dies würde ich vermutlich erst wieder bei meinem nächsten Einsatz überprüfen, im Moment spürte ich ihn jedenfalls nicht mehr.

Also flog ich wieder hinauf in den Himmel, um zu dem Ort zurückzukehren, an dem ich vorhin Zoe getroffen hatte. Dort angekommen traf ich auf mehrere Personen, die sich mittlerweile zusammengefunden hatten. Zoe schien auch noch dort zu sein, aber ich konnte sie gerade nicht entdecken.

Ich unterhielt mich mit einem Pärchen, das ich dort antraf. Sie waren mir nicht bekannt, aber es schien mir, als seien sie allesamt Träumer an diesem Ort. Außer ihnen befanden sich dort noch zwei weitere Frauen. Wir hatten viel Spaß in dem mir fremden Haus dort und unterhielten uns kurz über Themen, die ich mittlerweile jedoch wieder vergessen habe. Plötzlich tauchte eine weitere Frau auf. Sie schien sich fast unbemerkt hergebeamt zu haben.

Ich war von ihrer Schönheit völlig irritiert. Selten hatte ich eine dermaßen schöne und natürliche Frau gesehen! Auf den ersten Blick erinnerte sie mich an Barbara Palvin oder sogar mehr an Perla Maarek, nur eben mit einer völlig anderen Frisur. Kaum hatte ich sie angeschaut, schien ein Persönlichkeitsanteil in mir sie definitiv wiederzuerkennen:

“Oxana! Dich habe ich schon lange nicht mehr gesehen!”, rief ich aus und war plötzlich überglücklich, sie zu sehen und gleichzeitig von mir selbst über diese Reaktion erstaunt.

Dieser Persönlichkeitsanteil hatte sie sofort erkannt und war höchst erfreut, während ein anderer nur dachte “Wer is’ des?”. Der Teil in mir, der wesentlich stärker mit der Alltagsrealität verbunden ist, kannte sie nicht. Doch der Wiedererkennungswert war so stark und intensiv, dass wir uns in die Arme fielen. Es war eine seltsame Spaltung in mir, die ich empfand, aber sie fühlte sich keineswegs schlecht an.

“Ich bin so froh, dir mal wieder zu begegnen? Wo bist du die ganze Zeit gewesen?”

Sie schaute mich kurz an. Während ein Teil in mir krampfhaft nach gemeinsamen Erinnerungen suchte, versuchte ich mir so deutlich wie möglich ihr Gesicht einzuprägen – nur für den Fall, dass sie mir in der Alltagswelt einmal über den Weg laufen sollte. Zwar glaubte ich nicht daran, rein intuitiv betrachtet, aber sicherheitshalber hegte ich diesen Gedanken.

Oxana besaß eine Kurzhaarfrisur mit dunkeln, roten Haaren und sie war vielleicht Mitte 20. Ihr Haar schien gefärbt zu sein. Ihr Gesicht war wunderschön, ihre Augen faszinierend grünblau und leuchteten in einem unglaublichen Licht. Dies konnte ich im Bruchteil einer Sekunde, in der sich unsere Blicke direkt trafen, wahrnehmen.

Doch hatte ich den Eindruck, als würde sie meinem Blick ausweichen wollen. Wir hielten darum niemals länger Augenkontakt als ein oder zwei Sekunden. Danach schaute sie im Raum umher, als sei nichts gewesen. An mir hatte es sicherlich nicht gelegen, dass sie den Augenkontakt abgewürgt hatte, aber irgendetwas schien hier nicht zu stimmen, das war sicher.

“Ich benötige deine Hilfe”, meinte sie plötzlich.

“Ich helfe dir gern”, entgegnete ich, “aber ich würde zuerst gern wissen, warum du es vermeidest, dass sich unsere Blicke treffen?”

“Das darf ich nicht sagen! Vertrau mir einfach!”, und wieder schaute sie im Raum herum und vermied es offensichtlich, mich bei dem Gespräch direkt anzuschauen.

Während ich ihr die Frage gestellt hatte, versuchte ich sie telepathisch anzuzapfen. Vielleicht sickerte etwas aus ihrem Bewusstsein heraus und ich konnte es auffangen… War sie etwa eine Mentorin? Ein Guide? Oder eine gute Freundin aus einem anderen Leben? Der Name Oxana klang für mich russisch, höchstwahrscheinlich eine Kurzform von Roxana.

Dann bekam ich kurz den Eindruck, es hätte etwas mit der Zukunft zu tun… War sie etwa ein zukünftiges Leben von mir oder waren wir gemeinsam in der Zukunft gewesen? Leider konnte ich es nicht herausfinden.

“Und worum geht es?”, fragte ich sie.

“Ich habe einige Personen, die ich gern mit dir aufsuchen würde. Sie sind krank und es ist irgendwie noch unklar, was ihnen fehlt. Ich dachte, wir suchen sie auf und sammeln Informationen, damit wir sie heilen können.”

Das klang nach einem Retrieving der besonderen Art, dachte ich. Retrieving ist normalerweise die Kunst, Menschen, die frisch verstorben waren, über ihren neuen Zustand aufzuklären und sie von der unteren auf die mittlere Astralebene zu führen.

“Sollen wir dann jetzt gemeinsam los?”, fragte ich nach. Dabei stellte ich mir vor, dass sie meine Hand nimmt und wir uns gemeinsam zu diesen Leuten teleportieren würden.

“Nein, ich weiß nicht, wie lange deine Aufmerksamkeit noch reicht, um dich hier festzuhalten. Aus dem Grund gehen wir besser getrennt vor.”

Als ich darüber nachdachte, wie ich diese fremden Menschen aufspüren könnte, holte sie einige Fotos heraus und zeigte mir mehrere Häuser mit Personen, die darin wohnten.

“Siehst du”, erklärte sie mir, “hier habe ich Fotos von den Zielpersonen und den Orten, an denen sie leben. Ich gebe dir drei Fotos mit. Du kümmerst dich um diese drei und ich übernehme die anderen. Versuche so viel wie möglich an Informationen herauszubekommen, wenn du mit ihnen sprichst. Doch gib acht, dass sich nicht ihr Ego einmischt, denn in dem Fall sind die Informationen nutzlos.”

Ich nickte, um ihr zu signalisieren, dass ich gebrieft und einsatzbereit war.

“Gut, dann nimm dir eins dieser Fotos und konzentriere dich einfach darauf. Du wirst dann in Kürze dort…”, hörte ich sie noch sagen und schon tauchte ich bei meiner ersten Zielperson auf.

Wenige Sekunden später hörte ich sie in meinem Kopf: “Wir bleiben im telepathischen Kontakt. Wenn was ist, kannst du mich so erreichen.”

Das nannte ich mal eine praktische Vorgehensart: Fotos, mit deren Hilfe man sich zu den Zielpersonen teleportiert und sich dabei über die Telepathie abspricht. Ich kam mir mal wieder vor wie in einem Actionfilm! Agent Jonathan auf Mission…

Die erste Person, die ich aufsuchte, fand ich in ihrem Haus vor. Es war ein Mann, vielleicht Ende 50. Er lag in seinem Bett und schlief. Langsam ging ich zu seinem Bett und zog ihn aus seinem Körper heraus. Dabei musste ich dieses Mal sehr sanft vorgehen, damit sein Ego, sprich Alltagspersönlichkeit, nichts davon mitbekommt.  Eigentlich bekam das Ego bei den meisten Menschen sowieso nie etwas mit, darum war es fast gleich, wie ich mich verhielt, aber ich wollte ganz sicher gehen.

Also zog ich ihn ganz sanft aus seinem Körper und als er endlich vor mir stand, löste er sich gleich einmal in Luft auf. Eine Minute später entdeckte ich ihn draußen auf der Wiese vor seinem Haus. Er stand dort in seinem Pyjama und schien etwas irritiert. Ich versuchte ihn anzusprechen, aber er sagte immer nur, ihm sei kalt.

Dann sah ich, wie sich tatsächlich kurz sein Ego einmischte. Es stieg in ihm auf und ich wusste, dass er sich eventuell an alles, was wir nun besprachen, erinnern könnte. Darum blieb ich ziemlich ruhig. Kurz darauf verschwand er wieder und ich konnte ihn nicht mehr auffinden. Der erste von diesen drei Einsätzen lief ja nicht besonders gut.

“Tut mir leid, Oxana, das Ego hat sich eingemischt. Ich weiß nicht, ob es dir hilft, aber er meinte dauernd, ihm wäre so kalt… Vielleicht kannst du damit etwas anfangen.”

“Gut, Jonathan, dann nimm dir den nächsten vor.”

Ich wusste, dass es dieses Mal darum ging, noch lebende Menschen aufzusuchen und herauszufinden, was ihr gesundheitliches Problem war. Dann machte ich mich auf dem Weg zum nächsten…

Was soll ich sagen… ab diesen Punkt erinnere ich mich hier nicht mehr an viel. Meine Aufmerksamkeit verfiel einige Zeit später. Ich war zwar noch weiterhin unterwegs und Oxana und ich haben die restlichen Zielpersonen erfolgreich aufgesucht, sie aus ihren Körpern geholt und befragt.

Nach dieser spannenden Aktion erwachte ich wieder in meinem Bett. Die Schwingungen spürte ich noch sehr deutlich, obwohl ich bereits wieder physisch erwacht war. Ganz brav tauchten sie alle 2 Sekunden auf. Ich lag noch eine Weile im Bett und dachte über Oxana nach…

Woher kannte ich sie nur? Wie viele Erlebnisse man in seinem zweiten Körper erlebt hat und wie viel man davon erinnert, dazwischen liegen nun einmal Welten…

2012-01-31

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