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Ein Haus im Osten: In Haynsburg (Teil 7)

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‘Ein Haus im Osten’ ist eine Rubrik, in der ich von meinem kürzlichen Umzug nach Ostdeutschland irgendwo in der Pampa, zwischen Leipzig und Zeitz jenseits der Zivilisation, vom Landleben, meinen Erlebnissen in der Umgebung sowie von seltsamen, magischen und spannenden Erfahrungen berichte.

Wieder ist Zeit ins Land gegangen und die Renovierungsarbeiten noch immer im Gange. Dummerweise, muss ich sagen, denn durch viele andere Arbeiten, Angebote einholen, Zeitmangel u.v.a. kommt man kaum dazu, endlich mal effektiv weiterzumachen. Nun gut, das Erdgeschoss scheint vorerst in Ordnung zu sein. Feinheiten werden vermutlich erst nächstes Jahr abgeschlossen, doch das Obergeschoss ist kaum verändert. Dies liegt weitgehend an dem Problem, dass der Boden dort sehr gut erhalten ist und nicht ausgetauscht werden soll, jedoch mit Ochsenblut lackiert wurde. Daher muss erst jemand gefunden werden, der zu einem humanen Preis den Boden abschleift.

Ansonsten habe ich schon die Gegend erkundet und diverse nette Plätze entdeckt, wie ein kleines Kaff in der Nähe von Zeitz namens Haynsburg. Dort existiert bis zum heutigen Tage eine alte Burg mit Burgplatz, ein sehr hoher Turm sowie eine mittelalterliche  Herberge plus einer Burgschänke mit Rittersaal.

Die Speisekarte der Burgschänke ist bereits einen Blick wert. Gibt es dort doch beispielsweise ‘Speis für gestandene Mannsbilder und deren hungrige Weiber’ oder ‘Speis zur Fastenzeit für Vegetarier und Zahnlose’, ebenso wie Frisches aus dem Burggarten, z.B. ‘Salat für Tippelbrüder und deren Schwestern’ und Kartoffelklöße werden dort schnell zu ‘Kanonenkugeln für Kindlein unter Schwertmaß’. Die Bedienung serviert zwar nicht im mittelalterlichen Outfit und die Nahrungsqualität ist nicht von höchster Auslese, dafür ist es aber allemal einen Besuch wert und macht Spaß. Hier noch ein Handyfoto vom Innenraum der Burgschänke:

Auch bin ich von dort hinüber nach Thüringen gefahren und muss sagen, dass diese Umgebung wirklich schöne Plätze präsentiert. Allein die Fahrt durch das Thüringer Land ist sehr bezaubernd und in manchen Städten findet man – zu meiner Freude muss ich zugeben – viele alte, verlassene Häuser, die eher an Spukhäuser erinnern als an abbruchreife Gebäude.

Wie man auf dem Foto deutlich erkennen kann: So sieht doch kein abbruchreifes Gebäude aus! Vielmehr erinnert es an ein filmreifes Spukhaus der besonderen Art. Ich hätte vielleicht mal fragen sollen, ob es zum Verkauf stünde – war jedoch vom Hochwasser zeitweise arg gebeutelt.

Der Rückweg zeigte sich auch von schönster Seite, denn nicht nur zum Sonnenuntergang führt eine wunderhübsche Allee zu meinem Haus und dieses Mal im faszinierenden Elfenlicht; möchte ich glatt behaupten:

Genau auf dieser Straße, so am letzten Sonntag, als mich der Hunger überkam und ich direkt nach Sonnenuntergang in die nächste Stadt fuhr, um einen Imbiss zu überfallen, kutschierte ich vielleicht mit 60 km/h durch die obige hübsche Baumallee, als von rechts unverhofft ein junges Reh auf die Fahrbahn sprang. Dies war lustig anzusehen, denn als es auf der Straße stand und meine Gangsterkarre erblickte, machte es zügig auf der Hufe kehrt und stolperte eilig davon, nachdem es in der akuten Gefahrensituation mit dem Hinterteil gleich zwei Mal auf dem Boden glitt, und verschwand auf gleichem Wege wieder ins Dickicht. Für ein Foto war verständlicherweise die Zeit zu knapp gewesen, aber vielleicht hätte ich an dieser Stelle meine Kamera gleich hervorzücken sollen, denn keine 200 Meter weiter kam ein weiteres junges Rehchen aus dem Gebüsch gesprungen und machte sofort wieder kehrt, als es die Autoscheinwerfer erblickte. Glücklicherweise gab es keine Zusammenstöße und ich hatte vermutlich intuitiv die richtige Geschwindigkeit genutzt, denn für das erste Reh musste ich schon voll in die Bremsen gehen, um es nicht anzufahren. Nachher hätte ich, bei aller Arbeit die ansteht, daheim noch einen Patienten gesundpflegen dürfen.

Im Imbiss angekommen, sprach mich gleich ein Landstreicher an. Das kann mal vorkommen, da mein langes Haar vermutlich an Tippelbrüder aus dem Mittelalter erinnern mag. Der klassische Hund an seiner Seite, ein riesiges Kalb nahezu, schaute mich mit großen Augen an, als sei ich für die Düfte in dem Etablissement verantwortlich. Dann erzählte er mir von der Harmlosigkeit seines Kumpanen und dass es in der Homogenität der Umgebung doch selten interessante Leute anzutreffen gäbe.

Am anderen Morgen entdeckte ich im Garten noch weiteren Baumbestand, z.B. noch einige Weinreben, auch welche, die an der Hauswand emporkriechen, und zwei, ich vermute mal spontan, Korkenzieherweiden oder etwas in der Art. Diese sind im Sommer sehr hübsch anzusehen, darf ich vermuten.

Wenn es wieder wärmer wird im nächsten Jahr, werde ich einige Burgen und Schlösser erkunden, die es in der Nähe gibt, wie beispielsweise das Schloss Burgscheidungen in Laucha. Ein richtiges Traumschloss, das auch gern für Hochzeiten genutzt wird sowie das Halbersbacher Schlosshotel, Schloss Krobnitz, Schloss Burgk in Thüringen oder Burg Stolpen. Doch soll es nicht bei Burgen bleiben, denn es gibt noch andere sehenswürdige Orte wie das Sandsteingebirge der Elben oder  Insel Stein im Wörlitzer Gartenreich. Mehr muss ich erst noch herausfinden. Freue mich daher über Tipps von Lesern, die die Umgebung kennen.

Interessant war auch der Ausflug mit einer guten Freundin in die Moritzburg. Dort angekommen erst einmal die Gegend erkundet, dann zum Abschluss ins Restaurant gesetzt und von einer netten Kellnerin bedient worden, die, gleich nach dem Servieren, recht zutraulich wurde und meinte, ob sie denn auch mal etwas Persönliches fragen dürfe. Sie wollte wissen, ob wir ‘von der Burg’ seien. Diese Frage hat mich dann doch etwas überrascht, denn vorstellen konnte ich mir darunter nichts. Wir verneinten dann, obwohl ich im Nachhinein dachte, ich hätte glatt bejahen sollen, um zu sehen, was dann geschieht. Als wir dann das Restaurant verließen, vermutete ich, dass es irgendwie mit der Moritzburg zu tun haben müsse, eine andere Erklärung konnte ich für diese Frage nicht finden – ohne gleich esoterisch zu werden und über Reinkarnationen verschiedenster Art nachzugrübeln.

Seltsame Dinge passieren hier, wie man so schön sagt, darum darf ich auf Weiteres gespannt sein.

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