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Suche nach Erleuchtung: Die Erkenntnis (Teil 4)

Suche nach Erleuchtung

Wenige Augenblicke später befand ich mich wieder zusammen mit dem alten Mann in einer wäldlichen Umgebung. Wir unterhielten uns.

„Wenn du die große Erkenntnis erreichst, dann werden all diese Gedanken, die du dir ständig machst, nicht mehr so ausschlaggebend sein.“

Ich führte einige Beispiele an Gedanken an, um herauszufinden, ob diese auch betroffen waren.

„In jedem der von dir genannten Fälle“, antwortete er. „Alle Gedanken, die du momentan überhaupt denken kannst, werden dir in einem ganz anderen Licht entscheiden. Viele werden davon wegfallen und einfach nicht mehr denkwürdig sein. Wieder andere Gedanken werden in einem ganz neuen Licht gesehen und verknüpfen sich mit anderen. Auch massig Erfahrungen aus deiner Vergangenheit werden ganz neu interpretiert werden.“

„Ja, das habe ich mir schon gedacht“, antwortete ich. „Glaubst du denn, dass andere Menschen dann davon profitieren können, wenn ich die Erkenntnis irgendwann erlangen sollte?“

„Du wirst die Erkenntnis für dich behalten müssen“, meinte er knapp und schaute weiter auf den Weg vor uns.

„Warum denn das? Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich mit einer solchen Erkenntnis hinter dem Berg halten kann. Bestimmt werde ich zumindest meinen Freunden davon erzählen.“

Er lachte: „Es tut mir leid, ich habe die falschen Worte gewählt. Ich hätte vielmehr sagen müssen, dass du die Erkenntnis für dich behalten wollen wirst. Du wirst gänzlich und aus freien Stücken deinen Mund halten. Darauf kannst du dich verlassen!“

„Wie bitte? Warum denn das?“

„Natürlich kannst du anderen Menschen helfen und sie auf den richtigen Weg bringen, aber du wirst niemals versuchen, jemandem die Erkenntnis genauestens zu erklären. Es ist wie ein geheimes Wissen mit einem Sicherheitsventil. Das ist wie in diesen Märchen, wo ein Zauberer wertlose Steine in Gold verwandelt. Wenn du die Goldstücke jemand anderem schenkst und dieser nimmt sie mit nach Hause oder zum Markt, um sich dafür etwas zu kaufen, werden sie sich auf dem Weg wieder in Steine verwandeln.“

„Ich verstehe“, sagte ich und dachte darüber nach.

“Welche Auswirkungen könnte die Erkenntnis noch haben? Gibt es auch Wirkungen auf andere Menschen?”

“Durchaus. Die meisten Menschen, eigentlich fast alle, sind Statisten in dem großen Schauspiel des Lebens. Mit dieser Erkenntnis kannst du eigentlich fast jeden beliebig beeinflussen. Sie werden für dich wie programmierbare Roboter sein. Du kannst jeden von ihnen nach Belieben lenken.”

Ich blieb stehen und schaute ihn an. Natürlich war ich mir nicht im Entferntesten darüber bewusst, wo wir überhaupt hinliefen, aber es war auch unnötig zu fragen, da meine Ausflüge zu ihm stets sehr kurz waren.

“Wirklich? Das kann ich mir in dem Ausmaß, wie du es hier schilderst, eigentlich nicht vorstellen. Ich frage mich aber auch gleichzeitig, ob ich nach Erreichen der Erkenntnis überhaupt noch ein Interesse daran haben könnte, so etwas zu tun.”

“Genau das ist der Punkt. Mit aller Wahrscheinlichkeit wirst du kein Interesse mehr daran haben… Wenn man ein Schauspiel als dieses erkennt, ist die Manipulation seiner Rollen nur langweilig. Denn hinter der Fassade der Illusionen gibt es keine Manipulierten.”

Dann fühlte ich in mich hinein und sucht wieder nach der Erkenntnis. Der alte Mann schaffte es auch immer wieder, mich neugieriger zu machen als ich schon war. Ich durchsuchte die Wahrscheinlichkeitsfraktale und verlor dabei den Kontakt zu dem Mann. Ich jagte durch sie hindurch und lief wie eine Laborratte durch das Labyrinth. Dann spürte ich wieder die Erkenntnis. Sie war nun so nahe gerückt, dass ich glaubte, sie würde sich mir gleich offenbaren. Dann spürte ich weit entfernt ein Gefühl, das mit dieser Erkenntnis zu mir kommen würde, sollte ich sie erlangen. Es war ein Schrecken, der damit einher gehen würde, ein gewaltiger Schrecken. Es war, also würde man mit einem großen Schrecken etwas über sich selbst erkennen werden.

Irgendwann fand ich wieder zurück zu dem alten Mann. Während ich ihn von der Seite beobachtete dachte ich über einige Träume meiner Vergangenheit auf, in denen ein solcher Mann ab und zu aufgetaucht war. Ich fragte mich, ob es wohl dieser Mann sein könnte.

„Du hast den Schrecken in der Nähe gefühlt. Das ist gut“, meinte er, während er meine Gedanken zu der Vermutung mit den Träumen und seine Anwesenheit darin zu überhören schien.

„Ja, ich habe ihn gefühlt. Ist das irgendwie persönlich zu nehmen? Bedeutet es, dass ich so schrecklich bin, dass ich mit einem solch gewaltigen Schreck eine Erkenntnis über mich selbst erhalte?“

„Nein, das ist nicht persönlich zu nehmen. Jeder Mensch, der in eurer Welt lebt, wird diesen Schrecken auf die gleiche Weise erfahren. Diese große Erkenntnis oder Erleuchtung ist für jeden erreichbar und äußert sich für jeden inhaltlich völlig gleich. Es mag individuelle Unterschiede geben, aber im Großen und Ganzen bleibt es für jeden genau so erfahrbar. Diese Selbsterkenntnis ist umfassend.“

„Vermutlich werde ich mit anderen nicht anders über diese Erkenntnis reden als du es jetzt machst“, murmelte ich vor mich hin.

„Das kommt auf dich an. Du wirst es unterschiedlich verpacken können. Auspacken müssen andere. Es wird aber nicht all zu viele Menschen interessieren, diese Erleuchtung zu erlangen. Sieh dich an! Du könntest mit den Fingern schnippen und schon wäre sie da! Und was tust du? Du suchst danach wie nach einem Schatz und druckst herum, wenn du in seine Nähe kommst. Du bist einfach zu unentschlossen und jeder andere von euch Menschen würde genau so handeln!“

Ich fragte mich, ob er sich von den Menschen distanzierte. Konnte ich ihn überhaupt als Mensch bezeichnen, hier in diesem Labyrinth? Wenn er eine transpersonale Projektion meines Unbewussten war, war er dann ein Mensch? Ist mein Unbewusstes ein Mensch? Über diese Fragen kehrte ich wieder zurück in meine Alltagsrealität.

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